Geburtstag für ein Logo: 2017 feiert das Doppel-M der Leipziger Messe seinen 100. Geburtstag. 1917 vom Leipziger Künstler Erich Gruner geschaffen, überstand es Kriegswirren und Systemwechsel. Dabei erwies sich das Signet als äußerst wandelbar: Weit über 50 Varianten spiegeln den Zeitgeist wider – trotzdem blieb es sich grafisch immer treu.
Seiner Zeit voraus war es bereits bei seiner Schöpfung 1917. Noch während der Erste Weltkrieg tobte, entwarf der Künstler Erich Gruner (1881-1966) für das neu gegründete Meßamt für die Mustermessen ein unverwechselbares Markenzeichen. Einprägsam sollte es sein und für Weltoffenheit stehen. Ursprünglich geplant als Dreifach-M – für Meßamt für die Muster-Messen in Leipzig – setzte sich bei Leipzigern und Messegesellschaft das Doppel-M durch: als Abkürzung für Mustermesse – ein neues Messekonzept, mit dem Leipzig seit 1895 das Messewesen revolutionierte. Vorangetrieben vom schnellen Rhythmus des Industriezeitalters, wandelte sich die Messe vom Jahrmarkt zu Musterschau und Orderplatz – effektiver und ökonomischer als der aufwändige Warenhandel vor Ort.
Bis zum Ersten Weltkrieg behauptete sich die reiche Bürgerstadt Leipzig als Welthandelsplatz schlechthin: Die Mustermesse ermöglichte „‚das größte Geschäft mit den geringsten Mitteln, in der kürzesten Zeit und auf dem engsten Raum‘, wie Edouard Herriot befand, 1912 französischer Parlamentspräsident.“ (Zitiert in Karin Kühling: Neue Ideen gewinnen Gestalt, in: Volker Rodekamp (Hrsg.): Leipzig, Stadt der wa(h)ren Wunder: 500 Jahre Reichsmesseprivileg, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Leipziger Messe Verlag, 1997, S. 333).
Mit dem Doppel-M zurück an die Spitze
Doch die internationale Konkurrenz wuchs, und der Erste Weltkrieg hatte die Messe isoliert. Ein neues, eindeutiges Logo sollte der Welt beweisen: Leipzig ist immer noch da! Zur Herbstmesse vom 26. August bis 1. September 1917 feierte das Doppel-M Premiere. Bald stand es für Messe überhaupt. Die Leipziger Messe hatte sich mit ihrem Markenzeichen international wieder durchgesetzt. Leipzig galt als „Mutter aller Messen“, mit 180 Vertretungen in 90 Ländern. Vor jeder Messe verschickte das Meßamt rund 500.000 Einladungen an deutsche und ausländische Firmen. Immer präsent: das Doppel-M. Je nach Zeitgeist und Geschmack mal schlank, mal verspielt, mal nüchtern-streng – das Messesignet erwies sich als sehr flexible Marke. So kam es 1920 verschnörkelt im Art-Déco-Design daher, 1925 schaute es klar und geradlinig aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1946, zierte das Zeichen ein Merkurstab – Sinnbild für den Schutzpatron der Händler.
Doppel-M mit Leipzig verbunden
Wie kaum ein anderes Signet ist das Doppel-M in seiner Geburtsstadt tief verwurzelt. Die zwei übereinander stehenden Buchstaben prägen das Stadtbild. Erhaben thront es gleich am Hauptbahnhof in 95 Metern Höhe über der Stadt, dreht sich auf dem Dach des höchsten Wohnhauses der Messemetropole: Ein blaues Doppel-M im gelben Ring, 9 Meter im Durchmesser. 1965 wurde es in Metall und Beton „gegossen“, noch heute grüßt der 27 Meter hohe Koloss am Haupteingang des Alten Messegeländes. Auch auf dem Neuen Messegelände im Leipziger Norden zog das Wahrzeichen 1996 ein. In 60 Metern Höhe leuchtet es vom Messeturm in die Nacht.
Der Beitrag wurde anlässlich des 90. Jubiläums des Doppel-M im Jahr 2007 für die Leipziger Messe entworfen. Ich habe damals Pressemitteilungen zu Erich Gruner sowie zur Geschichte des Doppel-M verfasst, die Texte für einen Flyer, eine Postkartenserie zum Jubiläum sowie für eine fahrbare Informationssäule beigesteuert. Die Informationssäule ist bis heute im Eingangsbereich der Leipziger Messe ausgestellt.