Tolles Feature, eher nervig oder so lala – warum der Einsatz von QR-Codes auf Visitenkarten durchdacht sein will und warum am besten ein Konzept dahintersteckt.

Die QR-Code-Quadrate mit dem charakteristischen Muster entdeckt man inzwischen überall: Auf Werbeplakaten führen sie zum Beispiel zu Gewinnspielen, auf Lebensmittelverpackungen zu Rezepten, auf Speisekarten zu den Inhaltsstoffen der aufgeführten Gerichte, im Geschäftsbericht zur digitalen Version, an Sehenswürdigkeiten zu Informationen für die Touristen und an einer Wohnungstür verbergen sich dahinter WLAN-Zugangsdaten, die der Bewohner Besuchern zur Verfügung stellt. Einfach per Tablet oder Smartphone scannen – und schwupp, sind die codierten Informationen zugänglich.

Was sind QR-Codes? QR-Codes (Quick Response = schnelle Antwort) sind zweidimensionale Strichcodes, 1994 von der japanischen Firma Denso Wave für den Autohersteller Toyota entwickelt. Die maximale Kapazität dieser ziemlich fehlertoleranten kleinen „Datenspeicher“ beträgt beispielsweise 4296 alphanumerische Zeichen – je mehr Daten, desto größer und komplexer ist der Code. Inhalte können zum Beispiel Text, Webadressen, E-Mail, digitale Visitenkarte (vCard), Geo- oder Zahlungsdaten sein; ebenso WLAN-Zugang, Youtube-Videos, Facebook-Profil, Twitter-Account usw. Der im Code hinterlegte Content kann mit der Kamera von Tablet oder Smartphone (Mobile Tagging) decodiert und genutzt werden. 2007 veröffentlichte das Popkultur-Magazin Spex auf seinem Cover den ersten QR-Code in Deutschland. Was folgte, war ein Siegeszug ins Marketing.

Auf Visitenkarten haben sich QR-Codes inzwischen ebenfalls breitgemacht. Hier können sie durchaus adrett aussehen, denn farbige Varianten sind ebenso möglich wie welche mit integriertem Firmenlogo. Häufig enthalten sie digitale Visitenkarten (vCards), die sich dann sofort in das Adressbuch aufnehmen beziehungsweise als vcf weiterschicken lassen – und der Nutzer erspart sich das mühevolle Eintippen der Daten. Oder sie weisen den Weg zum Facebookprofil, zum Twitteraccount oder in anderen Fällen zum Onlineshop beziehungsweise zu hinterlegten Websites, im besten Fall mit weiteren beruflich-persönlichen Informationen, Anfahrtsplan, Foto… Im schlechtesten Fall steckt nur die allgemeine Homepage des Unternehmens dahinter, was dem Nutzer nicht viel bringt und eher enttäuscht – ganz besonders, wenn diese nicht einmal für mobile Endgeräte optimiert ist. Also, wenn QR-Code, dann wirklich mit Mehrwert. Denn die Zeit des QR-Code-Hypes ist vorbei.

QR-Codes – werden sie genutzt? 2014 nutzten laut SKOPOS 29 Prozent der Deutschen QR-Codes zumindest gelegentlich, vor allem aufgrund der steigenden Verbreitung von Smartphones. Zum Vergleich: 2012 waren es 14 Prozent gewesen. Innerhalb der Gruppe der Smartphone-Besitzer sei die Nutzung aber nur unwesentlich gestiegen, der Anteil der regelmäßigen QR-Code-Nutzer sogar leicht zurückgegangen. Die Codes hätten sich etabliert, würden aber vielfach aus mangelndem Interesse an Technologie und Inhalten nicht genutzt, so die Marktforscher (68 Prozent der Nichtnutzer).

QR-Codes auf Visitenkarten – was bringt das?

Beim QR-Code auf einer Visitenkarte sollte dem Nutzer deutlich werden, was er für seine „Mühe“ des Scannens bekommt. Demnach ist Transparenz durch einen Hinweis auf die hinterlegten Informationen gefragt („Hier meine Kontaktdaten als vCard scannen und speichern“; „scan for vCard“; „Besuchen Sie meine persönliche Webseite“; „Vernetzen Sie sich mit mir auf Facebook! Der direkte Weg zu meinem Profil:“;“Mein Facebook-Profil“; „Hier kommen Sie direkt in unseren Onlineshop!“; „Up to date: Erfahren Sie, welche Neuheiten es bei uns gibt“ …).

Sicher, augenscheinlich scheint ein sofortiger Nutzen bei QR-Codes als vCard. Allerdings: besteht tatsächlich das Bedürfnis, speziell selten genutzte Kontakte in das persönliche Adressverzeichnis beziehungsweise eine Adressdatenbank zu übernehmen? Deshalb hängt die Entscheidung dafür oder dagegen letztlich stark von der Art der Kontakte ab. Des Weiteren kann die nötige Mindestgröße – größer, als unter anderem bei hinterlegter URL – mit dem Design kollidieren. Die Frage nach dem Nutzwert stellt sich ebenso bei der Weiterleitung auf Landingpages. Diese müssten unterwegs sinnvoll nutzbar sein. Je nach Zielgruppe der Visitenkarten könnten sie ebenfalls zum Onlineshop führen – vielleicht mit einem speziellen Angebot für die Kartenempfänger (ein Weinpaket für Geschäftsfreunde etc.) oder zu einer Newsseite mit Neuheiten aus der Firma, die natürlich gepflegt werden muss. Überhaupt ist es wichtig, die Zieladressen am Laufen zu halten – nichts ist nerviger als ein broken link oder wenn der Link zu einer ganz anderen Seite führt.

Statisch oder dynamisch? Es gibt statische und dynamische QR-Codes. Bei der statischen Variante können die hinterlegten Daten nachträglich nicht geändert werden. Bei dynamischen QR-Codes dagegen schon – Inhalte können später hinzugefügt werden. Statische QR-Codes können online oder mithilfe von Tools kostenlos generiert werden. Dynamische QR-Codes mit statistischer Auswertung sind in der Regel kostenpflichtig.

QR-Codes auf Visitenkarten: Nice to have

QR-Codes auf Visitenkarten sind „nice to have“ – also nicht unbedingt nötig, aber durchaus ein hilfreiches Gimmick. Sie sollten auf jeden Fall in eine QR-Strategie eingebettet werden, empfiehlt QR-Code-Experte Axel Klarmann, Gesellschafter der Agentur zwonull media:

INTERVIEW:
Ist es denn sinnvoll, seine Visitenkarte mit einem QR-Code zu bereichern?
Klarmann:
Nun, wenn es ausschließlich darum geht, modern zu erscheinen – nein. Der Hype ist vorbei, der Lack ist ab und QR-Codes sind in der Realität, im Marketing-Alltag sowohl B2C als auch B2B angekommen. Wesentlich ist das Konzept, welches hinter dem Einsatz liegt, der Nutzwert, der generiert wird. Denn der QR-Code nimmt nicht unwesentlich Platz ein. Je mehr Informationen ich hineinpacke, desto größer muss er sein, spielt sich manchmal sehr in den Vordergrund und verdrängt imagetragende Elemente. Sinn ist, Lücken zwischen analoger und digitaler Welt zu schließen – welche das im konkreten Fall sind, sollte vorab überlegt werden.
Welcher Inhalt wäre denn auf der Visitenkarte sinnvoll?
Klarmann:
Jedenfalls ein mobil optimierter. Interessant an einer vCard (vcf) ist: Der Nutzer muss nicht online sein. Der Nachteil: Die Codes werden sehr groß und letztlich ist der Nutzen nicht sonderlich hoch. Vorteil bei einer Webadresse – gegebenenfalls über einen URL-Shortener: Ich kann alle möglichen Daten dahinter legen, auch eine vcf zum runterladen. Und ich kann tracken, wie häufig der Code verwendet wird. Nicht zuletzt kann ich meine Kontaktdaten auf Social-Media-Profilen freigeben und damit direkt zur Vernetzung einladen. Nicht zu vergessen: Auch Sicherheitsaspekte sind relevant – gerade im B2B-Bereich bestehen Befürchtungen, sich etwas „einzufangen“. Die Adressaten sollten erfahren, was sich hinter dem Code verbirgt.
Sie sprachen von einem Gesamtkonzept…
Klarmann:
Ja, man sollte sich darüber Gedanken machen, wo für die eigenen Kunden beim Umgang mit dem Unternehmen Lücken zwischen analoger und digitaler Welt bestehen, die ein QR-Code schließen kann – und dann wäre die Visitenkarte nur Teil eines Gesamtplans. Mit dem Geschäftspapier, den Rechnungen oder Lieferscheinen setzt sich dies fort – so lassen sich die Kontoinformationen, die umständlich einzutippende IBAN im QR-Code kundenfreundlich übermitteln. Ein praktisches Beispiel dafür ist Bezahlcode.de, den kann man auf die Rechnung drucken, in Shopsysteme integrieren. Andererseits gibt es genauso Codes, die ein Verfallsdatum haben und nur mit bestimmten Scanner-Apps gelesen werden können – wäre vielleicht für temporäre Visitenkarten für eine spezielle Veranstaltung interessant.
Wie lange sind die kostenlosen Codes eigentlich gültig?
Klarmann:
Sie haben keine Mindesthaltbarkeit. Allerdings kann sich natürlich der Anbieter aus dem Markt verabschieden. Bei den kostenfreien URL-Shortenern ist nicht garantiert, dass die Short URL, also die Kurzadresse, ewig existiert.
Welche Möglichkeiten gibt es hinsichtlich moderner Visitenkarten ansonsten noch – und wohin geht die Entwicklung?
Klarmann:
Für den Austausch von Visitenkartendaten gibt es Matchmaking-Apps – da braucht man gar keine Papierkarte mehr. Allerdings muss die Gegenseite dieselbe App verwenden. Bei den QR-Codes wird technologisch nicht mehr viel passieren, die Entwicklung ist ausgereizt. Aber contentseitig kann es noch spannend werden. Da ist uns Asien um Längen voraus – ich denke nur an das Tesco QR Shopping in Südkorea, wo ein U-Bahnhof mit virtuellen Supermarktregalen gepflastert war. Jedes dargestellte Produkt war mit einem QR-Code versehen, konnte gescannt und sofort gekauft werden. Die Zukunft liegt aber sicher in der Near Field Communication (NFC). Die Tags lassen sich berührungslos auslesen. Der Nutzer muss sich nur in die Nähe begeben, keine Kamera-App öffnen. NFC wird das Mittel der Wahl, sobald die Chips – die heute noch zehn bis 20 Cent kosten – billiger sind.

QR-Code auf Visitenkarten
Pro:
Flexible Inhalte möglich von vCard über Facebook-Profil bis Onlineshop oder Website
Zusätzliches Angebot für Geschäftspartner
Fördert Vernetzung
Kein mühsames Abtippen der Daten mehr nötig
Abheben von Mitbewerbern durch technisches Gimmick
Vergleichsweise geringe Kosten für Erstellung der QR-Codes
Contra:
Zeit- und Kostenaufwand für Einführung, gegebenenfalls aufwändigere und kostenintensivere Entwicklung eines Gesamtkonzepts
Integration ins CD („Wildwuchs im Visitenkartendesign“; verdrängt Image-Elemente wie Logo)
Unklar, wie häufig Codes auf Visitenkarten tatsächlich genutzt werden
Gegebenenfalls nur interessant für engere, häufig genutzte Geschäftskontakte

Der Artikel mit Interview wurde im April 2016 veröffentlicht.



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